Greenwashing (nicht nur) in der Modeindustrie

Der Begriff Greenwashing ist dir sicherlich auch schon zig Mal über den Weg gelaufen, oder? Aber was bedeutet das genau und woran erkenne ich, welche Unternehmen Greenwashing betreiben? Auf den ersten Blick ist es nicht immer einfach zu erkennen, aber hier möchte ich dir einen Überblick geben, über die Definition und konkrete Greenwashing-Beispiele aus der Modeindustrie.

Inhaltsverzeichnis:

 

Die Definition „Greenwashing“

Greenwashing bezeichnet den Täuschungsversuch eines Unternehmens, seine Geschäftspraktiken und Produkte als umweltfreundlich darzustellen, indem es gezielt Marketing- und PR-Maßnahmen einsetzt. Dabei wird suggeriert, dass das Unternehmen Verantwortung für die Umwelt übernimmt, obwohl es keine konkreten Maßnahmen zur Reduzierung seines ökologischen Fußabdrucks ergreift oder Schritte in die Wege leitet, um Konsumgüter fair und nachhaltig zu produzieren. Greenwashing zielt darauf ab, das Vertrauen der Verbraucher zu gewinnen und das Unternehmen als umweltbewusst darzustellen, ohne tatsächliche Veränderungen in der Wertschöpfungskette zu implementieren.

Warum ist Greenwashing (in der Modeindustrie) so verbreitet?

Klar, grün und nachhaltig verkauft sich besser – und gerade die Modeindustrie, die für rund 10 % der globalen CO2-Emissionen verantwortlich ist, braucht dringend einen grünen Anstrich. Denn die junge und kaufkräftige Generation macht sich zunehmend Gedanken um die Klimakrise und versucht bewusstere Kaufentscheidungen zu treffen. Was liegt da also näher, als die ein oder andere nachhaltige Kollektion auf den Markt zu bringen, um auch die umweltbewusste Zielgruppe anzusprechen und den Umsatz weiter zu steigern.

Umweltfreundlich, fair und nachhaltig – Oder alles gelogen?

Das Problem: Viele Begriffe, die wir mit Nachhaltigkeit und bewussten Konsum verbinden, sind nicht geschützt. „Fair“, „nachhaltig“, „umweltfreundlich“ und „natürlich“ kann sich jeder auf die Fahne schreiben, ohne es konkret beweisen zu müssen. Denn diese Begriffe sind im Vergleich zu „Bio“ und „Öko“ nicht geschützt.

Und „Unsere nachhaltige Sommer-Collection für dein Urlaubsfeeling“ klingt doch viel überzeugender als „Unsere Sommer-Collection für deinen Urlaub“ – mit gutem Gefühl die neuesten Urlaubsoutfits shoppen, weil ist ja „sooo“ nachhaltig – ich tue ja quasi was Gutes, wenn ich diese Collection kaufe. Ach, wenn das so leicht wäre …

Denn gerade die Fast-Fashion-Industrie ist alles andere als nachhaltig. Selbst wenn tatsächlich Bio-Baumwolle oder andere natürliche Fasern verwendet werden, kann der Produktionsprozess weiterhin schrecklich sein und Pflückerinnen, Weberinnen, Färberinnen und Näherinnen ausbeuten und der Umwelt enorm schaden.

Denn das „Bio“ bezieht sich nur auf den Rohstoff, aber in der Textilindustrie sind noch viele weitere Arbeitsschritte erforderlich, um ein Kleidungsstück herzustellen:

  • Rohstoffgewinnung
  • Garn- und Stoffherstellung
  • Bleichen und Färben
  • Zuschneiden und Nähen
  • Recycling

Wird also mit Bio-Baumwolle geworben, nimmt man zuerst an, dass das Produkt, das ganze Produkt nachhaltig ist. Dabei bezieht sich die Nachhaltigkeit nur auf den Rohstoff und nicht auf den ganzen Produktlebensweg.

Wie erkenne ich Greenwashing?

Tatsächlich ist es gar nicht so einfach, Greenwashing zu erkennen. Ein paar Tipps gibt es dennoch und diese habe ich dir hier zusammengefasst

  • Nicht definierte Begriffe auf Produkten, wie „umweltfreundlich“, „fair“, „nachhaltig“ oder „natürlich“. Wenn diese nicht mit konkreten Zertifizierungen von unabhängigen Stellen belegt sind, sind diese Begriffe Schall und Rauch und können mitunter einfach gelogen sein.

  • Wir verwenden „recyclebare Verpackung“. Wenn Unternehmen mit „Recyclebarer Verpackung“ werben, klingt das erstmal verlockend. Die Ressourcen müssen dennoch aufgewendet werden und die Verpackung landet auch so im Müll, zudem sagt die Verpackung nichts über die Herstellung des Produkts aus.

  • Leere Recycling-Versprechen. Viele Fast-Fashion-Brands werben mit Recycling. So können die Kunden alte Kleidungsstücke zurückbringen und erhalten im Gegenzug einen Rabatt für neue Produkte. Die Unternehmen versprechen, Abgegebenes zu recyclen – verraten aber nicht, was mit der Kleidung genau passiert. Aktuelle wird geschätzt, dass weniger als 1 % der Kleidung recycelt wird.

  • Ein nachhaltiger Aspekt soll den unökologischen Rest des Produktes überstrahlen. Meiner Meinung nach sind in der Modeindustrie auch Begriffe wie „Bio“ oder die aktive Werbung mit Naturfasern „Greenwashing“, wenn diese nur einen Bruchteil des gesamten Angebots ausmachen bzw. nur ein kleiner Bestandteil eines Kleidungsstückes sind. Denn zum einen sagen die Textilien nichts über die Produktion der Kleidungsstücke und die Arbeitsbedingungen der Näher:innnen aus und zum anderen sorgen diese nachhaltigen Produktversprechen für einen zusätzlichen Kaufanreiz, das nicht vollumfänglich gehalten werden kann. Siehe Beispiel „Kleid aus Leinen-Mix“.

  • Image-Kampagnen, die nichts mit dem Produkt zu tun haben. Um das Thema „Lebensmittelverschwendung vermeiden“ dreht sich der Ikea-Spot „Dinner“. Dort sitzt ein Mann mit Freunden in einem vornehmen Restaurant und möchte die Essensreste von Kellner (in seine Ikea-Box) einpacken lassen. Die Idee ist toll, aber es hat absolut nichts mit den Produkten von Ikea zu tun.

H&M Greenwashing Beispiele

Das schwedische Textilhandelsunternehmen gibt sich gerne nachhaltig, divers und inklusiv. Gleichzeitig strotzt das Unternehmen nur so von Greenwashing-Kampagnen. Ein kleines „Worst-Off“:

Greenwashing-Beispiel H&M: Imagekampagne „Role-Models“

H&M startet eine globale Initiative, um Kinder zu finden, die sich für soziale Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit, Bildung und mehr einsetzen, und ihnen eine Plattform zu geben.

  • Fakt 1: Das hat allerdings nichts mit den Produkten von H&M zu tun.
  • Fakt 2: Gleichzeitig werden in Betrieben, in den H&M produzieren lässt, Kinder beschäftigt.
Greenwashing in der Modeindustrie Beispiel H und M

Image-Kampagne „Role Models“ von H&M (Quelle facebook.com)

Die Kommentare darunter sprechen für sich:

Ralph schreibt: Und dann die Klamotten in Bangladesch von Kindern fertigen lassen.

H&M antworten natürlich direkt und ziemlich provokant und streitet die Kinderarbeit ab.

Antonio bestätigt Ralphs Behauptung: und in Bangladesch ist man ab 14 Jahren kein Kind mehr, also keine Kinderarbeit 😉

Hier findest du die Quellen zum Thema H&M und Kinderarbeit: Quelle 1 und Quelle 2

Greenwashing-Beispiel H&M: Recyclingkampagne „Bring-It“

Auch die „Bring-It“ Kampagne, die H&M gelauncht hatte, um Altkleider zu sammeln und die es Kunden ermöglichte ihre alte ungetragene Kleidung zurückzubringen, damit diese weiterverwertet werden kann, ist reines Greenwashing. Hier bekamen die Kunden einen 10 % Gutschein für den nächsten Einkauf, wenn sie einen Sack alter Kleidung zu H&M zum „Recycling“ brachten.

  • Fakt 1: Diese Kampagne regt den Konsum nur noch mehr an. Denn der Gutschein wird natürlich sofort in neue Kleidung investiert und sorgt so für eine weitere Umsatzsteigerung des Fast-Fashion-Riesen.
  • Fakt 2: Die meisten Textilien der Fast-Fashion-Industrie (nicht nur von H&M) lassen sich gar nicht recyclen. Denn um gemäß der Kreislaufwirtschaft wieder verwendet werden zu können, müssen die Materialien sortenrein sein und im bestenfalls auf natürlichen Rohstoffen basieren. H&M produziert allerdings sehr viele Kleidungsstücke aus Polyester und das nicht sortenrein, sondern als Mischfaser.

H&M Greenwashing Beispiel bei der Verwendung natürliche Textilien und Bio-Baumwolle

H und M Greenwashing

Aktuell wirbt H&M mit diesem „Kleid aus Leinen-Mix“. Da denkt man auch erst einmal: „Oh wow, Leinen – eine tolle Naturfaser!“. Also keine chemischen Fasern, kein Mikroplastik und die Möglichkeit das Kleid danach zu recyclen. Schaut man sich dann die Materialzusammensetzung genauer an, (was kaum jemand tut), sieht es schon ganz anders aus:

  • Futter: Polyester 79 %, Baumwolle 21 %
  • Äußere Schicht: Leinen 52 %, Baumwolle 48 %

>>> Umgerechnet bedeutet das, dass nur ¼ des Kleides aus Leinen hergestellt wurde. Und dadurch lässt sich das Kleid nicht recyclen, es löst sich bei jedem Waschgang Mikroplastik und das Kleid ist damit NULL nachhaltig.

Greenwashing H und M

Ein weiters Greenwashing-Beispiel aus der Modeindustrie: Nike

Der US-amerikanische Sportartikelhersteller Nike warb mit der Kampagne „Move to zero“ damit, gebrauchte Schuhe zu recyclen.

„Wir sortieren sie und entscheiden, was recycelt und was gereinigt und anschließend gespendet wird. In beiden Fällen tragen wir gemeinsam dazu bei, die Mülldeponien zu entlasten.“

Recherchen von NDR, Zeit und Flip zeigen bei Experiment „Sneakerjagd“ allerdings, dass dabei auch Neuware zerstört wird. Bei der „Sneakerjagd“ wurden Schuhe von elf Prominenten versteckt und auf unterschiedlichen Wegen entsorgt. Ziel war es herauszufinden, was mit den alten Schuhen passiert, wenn man sie in die Recyclingsysteme von Herstellern und Händlern sowie Altkleidersammlungen gibt.

Greenwashing Modeindustrie Beispiel Nike

Neuwaren werden bei Nike vernichtet (Quelle: Sneakerjagd)

Auch Caroline Kebekus hat beim Experiment mitgemacht und ihre – mit einem GPS-Tracker versehenen – Schuhe in die „Move to zero“ Box in einem Hamburger-Nike-Store abgegeben. So konnte herausgefunden werden, dass die Schuhe aus Hamburg nach Belgien gelangt sind und dort wird neben alten Schuhen im großen Stil auch Neuware geschreddert, denn in vielen Sneaker steckte noch das Füllpapier.

Gründe dafür könnten laut Greenpeace folgende sein:

  • Vermeidung von Lagerkosten
  • Kein Interesse daran, die Waren günstiger zu verkaufen
  • Rabatte könnten dem Image der Marke schaden

4 Tipps, um wirklich nachhaltige Mode zu erkennen

  1. Schau dir das gesamte Unternehmen und deren Produkte an. Handelt es sich nur um eine Kollektion oder ist das gesamte Angebot nachhaltig?
  2. Findest du weiterführende und ausführliche Information darüber, wie produziert wird und ob sich das Unternehmen unabhängig prüfen lässt?
  3. Recherchiere ganz einfach „Markennamen + Greenwashing“ in Google bzw. Youtube und schaue dir die Ergebnisse an.
  4. Achte auf vertrauenswürdige Siegel:
Was tun gegen Greenwashing in der Modeindustrie? Vertrauenswürdige Siegel: Fairtrade

Faitrade Textile Production

Was tun gegen Greenwashing in der Modeindustrie? Vertrauenswürdige Siegel: GOTS

Global Organic Textil Standard

Was tun gegen Greenwashing in der Modeindustrie? Vertrauenswürdige Siegel: cradletocradle

cradle to cradle

Was tun gegen Greenwashing in der Modeindustrie? Vertrauenswürdige Siegel: oekotex

OEKO-TEX® MADE IN GREEN

Was tun gegen Greenwashing in der Modeindustrie? Vertrauenswürdige Siegel: ivn best

IVN Best

Was tun gegen Greenwashing in der Modeindustrie? Vertrauenswürdige Siegel: fairwearfoundation

Fair Wear Foundation

Weitere Infos unter www.siegelklarheit.de

Weitere Artikel passend zum Thema

Nachhaltige Mode mit kleinem Budget

Nachhaltige Mode zu günstigen Preisen

Du suchst nachhaltige Mode und möchtest nicht all zu viel Geld ausgeben? Hier findest du Tipps, wie das gelingt.

Weitere Infos

14 Monate Kleiderfasten

Kleiderfasten - Shopping Fasten

Keine Kleidung mehr kaufen? Hier findest du meinen Erfahrungsbericht zu „14 Monate Kleiderfasten“.

Weitere Infos